Von Doris Aust
Neustadt-Mussbach. Das Joscho Stephan Trio gehört deutschlandweit zu den besten Gypsy-Swing-Interpreten und genießt international ein hohes Renommee. Am Samstag begeisterten sie mit einem furiosen Konzert die Zuhörer im gotischen Chor der protestantischen Johanneskirche Mußbach.
Durch die Initiative der Fördergemeinschaft Herrenhof Mußbach hat dieser kulturhistorisch wertvolle Aufführungsort mit der im April begründeten Reihe „Jazz im gotischen Chor“ eine neue Nutzung als kultureller Treffpunkt für ausgesuchte Konzerte erfahren. Die Reihe soll auch 2019 fortgesetzt werden, daher will die Fördergemeinschaft für eine verbesserte Akustik sorgen. Beim Auftritt des Joscho Stephan Trios kamen nur die Zuhörer der ersten vier Reihen in den Genuss einer ausgewogen klingenden musikalischen Darbietung.Es war ein Fest für die Ohren, Joscho Stephan beherrscht auf unnachahmliche Weise dieses Genre des Jazz. Gypsy Swing ist in den 1930er Jahren durch den in Belgien geborenen Gitarristen Django Reinhardt bekannt geworden, der mit dem Stilmittel der Akkordzerlegung (Arpeggio) improvisierte und so den ersten in Europa entstandenen Jazzstil entwickelte, der heute noch in Europa die meisten praktizierenden Musiker und die größte Zuhörerschaft hat.
Joscho Stephan gehört zu den herausragenden Gitarristen des swingorientierten Gypsy-Jazz. In Mußbach war er mit seiner Triobesetzung zu Gast. An der Rhythmusgitarre sorgte sein Vater Günter Stephan für die Struktur des melodischen Flusses, am Kontrabass setzte Volker Kamp auch mit seinen gezupften Soli besonders klangvolle Akzente.
Als Opener begann das Trio mit einer Eigenkomposition von Joscho Stephan „Créateur Immobilier“, die er mit einer launigen Moderation ankündigte. Sie verbreitete schon am Anfang die typischen flirrenden Töne des Gypsy Swings und ließ die Virtuosität des Gitarristen aufblitzen. Im folgenden „Minor Blues“ von Django Reinhardt flossen immer wieder Improvisationen bekannter Musiktitel wie zum Beispiel das James-Bond-Thema ein, Volker Kamp ließ hier sein erstes Bass-Solo einfließen. Mit „Joseph Joseph“ kam eine Klezmer-Variante ins Programm.
Eine wunderbare Klangfarbe entwickelten besonders die langsamen Titel wie die „Ballade pour Django“, eine Eigenkomposition von Josho Stephan. Die Töne tropften sanft und zart in den Raum, hüllten das Publikum ein in einen romantisch wirkenden Klangmantel, ließen den Atem ruhiger werden und verebbten in einem Strom perlender Akkorde. Ähnlich beglückend im Sound war die Eigenkomposition „Papillon“ oder die Interpretation des Django Reinhardt Titels „Sweet Chorus“, wo sich die Melodie ganz entspannt in immer neue Dimensionen wand und jeder einzelne Ton von Josho Stephan genussvoll zelebriert wurde.
Aus dem umfangreichen Repertoire des Trios boten auch Jazzstandards wie „Take the A-Train“ von Duke Ellington ein völlig neues Hörerlebnis, denn hier tauchte wieder einmal mit ein Bass-Solo auf.
Zu den Großen des Gypsy-Jazz gehört der französische Musiker Dorado Schmitt. Sein „Bossa Dorado“ entwickelte sich zum Jazzstandard, für den er mit dem Django Award ausgezeichnet wurde und der als typischer Latin Sound im Konzert nicht fehlen durfte. Nicht nur für diese Interpretation spendete das Publikum lautstark Beifall.
Für den authentischen Gypsy-Ton benutzt Joscho Stephan eine spezielle Gitarre. Es ist eine modifizierte „Maccaferri/Selmer“ mit dem Schalloch in D-Form. Der italienische Geigenbauer und Gitarrist war Erfinder der von Django Reinhardt bevorzugten Selmer-Gitarren. Das Publikum kam bei den Zugaben noch einmal in den Genuss des unverwechselbaren Klangs. Den Anfang machte der Titel „Minor Swing“ aus dem Film „Chocolat“, weiter ging es mit „Rondo alla Turca “ von Mozart, bei dem Joscho Stephan die Stahlsaiten seiner Gitarre in atemberaubender Geschwindigkeit fast zum Glühen brachte. Mit einem superweich gespielten „Seul Ce Soir“ von Django Reinhardt endete das begeistert gefeierte Konzert.