Von Inge Kirsch
Neustadt-Mussbach. Viel witzige rheinische Landeskunde servierte das Bonner Kabarettduo Rainer Pause und Norbert Alich alias „Fritz und Hermann“ am Samstag den „Kabarettissimo“-Zuschauern im vollbesetzen Festsaal des Herrenhofs mit seinem Programm „Früchte des Zorns“ – und die beiden zeigten dabei, dass sie sich wunderbar aufregen können, über einander sowieso und außerdem über alles und jedes. Dabei kommt man schnell vom Hölzchen aufs Stöckchen und weiß dann nicht mehr, was man eigentlich sagen wollte. So kann man letztlich über alles sprechen.
Vor der Pause kamen vor allem die großen Themen des Rheinländers zur Sprache: Westfalen, Holländer, Protestanten. Zu den Westfalen hat der gemeine Rheinländer, so lernt das Publikum, ein Verhältnis wie der Pfälzer zum Saarländer. Die Nachbarn werden nicht geschont und gar das Schreckensbild einer westfälischen Völkerwanderung ins Rheinland an die Wand gemalt! Schon hier zeigt sich: Zwischen ernsten Themen wie der Flüchtlingskrise und kicherndem Blödsinn müssen Fritz und Hermann keine Strecke zurücklegen, das flutscht von alleine, und dem Zuhörer wird allerhand untergejubelt.Mit den Holländern ist es etwas anderes, die wandern nicht ein, sondern sie fahren massenhaft und boshaft auf den rheinischen Autobahnen herum und verursachen die grauenhaftesten Staus. Der rheinische Kabarettist Jürgen Becker hatte sogar mal die „Achse des Bösen“ in den holländischen Wohnwagen verortet. Bleiben die Protestanten! Furchtbar! Der rheinische Katholik sieht sich selbst als eigene Spezies. In der Jugend ist er erst mal Messdiener und hat früh gelernt, mit der Religion umzugehen. Bloß nicht zu ernst nehmen, lautet das Motto. Das, so Hermann in seinem Einzelvortrag, sei bei den Islamisten leider der Fall, sie seien eine Art mohammedanischer Protestanten. Alles genau und alles todernst nehmen. Lebensfreude ist verdächtig. Radikale also, wie die alten Protestanten! Da kam aber Protest aus dem Publikum! In der Pfalz treffe das nicht zu. Leute, die schmausend und zechend um die Tische sitzen, lassen sich keine Genussfeindlichkeit vorwerfen. Es waren offenbar allerhand Protestanten anwesend.
Nach der Pause wurde der Stil eher russisch, es gab viele Gesänge und angedeutete Tanzeinlagen vor allem zum Thema Alkohol und den Folgen, nicht nur bei den Russen, sondern auch bei den Darstellern selber. Rainer Pause setzte sich dann im Solo mit gesunder Ernährung auseinander anhand seiner Lieblingsgerichte Erdbeerjoghurt und Gummibärchen, die ja auch aus Bonn stammen. Er erklärte, wie es dazu komme, dass diese Gerichte durch die in ihnen erhaltenen Geschmacksverstärker den Verlust von Gehirnzellen zur Folge haben. Das sei aber nicht zu beklagen, denn auf dem Weg vom Affen zum Menschen habe man Gehirnmasse aufbauen müssen, die jetzt überflüssig sei. Er spann eine Argumentationsreihe, die vollkommen logisch klang und trotzdem absolut neben der Spur lag. Die Wirkung des Hirnzellverlustes demonstrierte er dann auch sehr hörbar in zunehmenden Wortfindungsschwierigkeiten. Da brauchte es keine Argumente mehr.
Die Vorstellung wurde musikalisch begleitet von Stefan Ohm am Flügel. Das Programm war zeitweise eine Revue mit lebhaft begleitetem Gesang und Bewegungseinlagen der beiden Kabarettisten. Leider verstand man bei den Gesängen nicht immer den ganzen Text, aber wo dies der Fall war, war er sehr witzig. Großartig vor allem geriet das Potpourri zum Schluss. Es war so furios und komisch, so originell gemischt in Melodien und Texten, dass man sehr konzentriert lauschen musste. Ideen und Absurditäten rauschten rasant durch den Saal, so dass das Publikum höchst amüsiert und vielleicht auch leicht verwirrt ob des Tempos in geradezu hymnischen Applaus ausbrach. Es klatschte lange und rhythmisch und bekam noch eine lustige Zugabe.