Mit Witz menschlichen Schwächen auf der Spur

Rheinpfalz, Kultur Regional

Rundum gelungener Kabarett-Abend mit dem Bayern Helmut Schleich im Mussbacher Herrenhof

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Haben Sie sich schon mal überlegt, was das, was sie gegessen haben, in ihrem Magen so macht? Nun, wer am Sonntag auf der Kleinkunstbühne im Herrenhof den bayrischen Kabarettisten Helmut Schleich mit seinem Programm ¸¸Das Auge isst (man) mit!“ gesehen hat, der weiß, dass im Magen so einiges los ist. Da lernen sich die verschiedenen Speisen kennen, da trifft das nicht mehr ganz so frische Schaschlik auf den urbayrischen Knödel, zwischendurch kommt kurz ein Fitness-Riegel vorbei, wandert dann aber wieder den Weg zurück, den er gekommen ist, und der Eisbergsalat geht mit seinem esoterisch-alternativ angehauchten Getue allen gewaltig auf die Nerven.

Und irgendwie sind Eisbergsalat, Knödel, Schaschlik und all die anderen auch nur menschliche Typen. Vor allem um die geht es bei Helmut Schleich, auch wenn eigentlich das Essen Thema seines Programms ist, so sind es doch die Menschen, die unterschiedlichen Typen und Charaktere, um die es geht.

Wobei ein Kabarett zum Thema Essen am Wochenende im Herrenhof seinen ganz besonderen Reiz hatte. Denn beim ¸¸Markt der Genüsse“, der am Wochenende im Herrenhof zu Gast war, drehte sich alles um Essen und Trinken. Von dem gab es auch Diverses bei dem Abend aus der Reihe ¸¸Kabarettissimo“ und einige Besucher in dem voll besetzten Festsaal waren mit dem, was sie auf seinem Teller hatten, so beschäftigt, dass sie dem Kabarettisten zeitweise den Rücken zudrehten.

Und damit einiges verpassten, denn Helmut Schleich muss man nicht nur hören, sondern auch sehen. Schleich agiert unter Einsatz seines ganzen Körpers, der durchaus dem entspricht, was frau sich unter einem kräftigen, urbayrischen Mannsbild so vorstellt. Schleich unterstreicht das, was er sagt, mit einer ausdrucksvollen Mimik, er füllt mit seinen Bewegungen die Bühne aus und kann so die Typen, um die es in seinem Programm geht, auch überzeugend darstellen. Und er ist als Ottfried Fischer fast so gut, wie das ebenfalls aus Bayern kommende Original. Das Schleich bekannte Personen mimt ist bei ¸¸Das Auge isst (man) mit!“ jedoch eher eine Ausnahme, es sind vielmehr allgemeine menschliche Charaktere und Verhaltensweisen, deren sich Schleich widmet. So wie in der Rolle des Eisbergsalats, in der der Kabarettist mit herrlicher Ironie und enormer Treffsicherheit den esoterisch angehauchten Alternativen darstellt, und jeder, der so einen Menschen kennt, sagt ¸¸ganz genau so ist der, der Typ ist ganz genau getroffen“.

Der esoterisch-Alternative ist aber nur einer von vielen Typen, denen man im Laufe des Abends bei Schleich begegnet: Da trifft man auf Ernährungsgurus, auf Freunde bayrischer Hausmannskost, die so derb sind, wie das, was sie essen, auf Zeitgeistfreaks, bei denen ohne Balsamico und die mannshohe Pfeffermühle gar nichts geht, auf Snobs und selbst ernannte Kenner, die mit der perfekt imitierten Miene des Kenners aus dem Rotweinglas ihres Nachbarn trinken und einfach mal behaupten, dass der ein ganz spezieller Roter ist, auch wenn es gar nicht stimmt. Schleich gelingt es vorzüglich, jeden dieser Typen ungeheuer treffend mit Worten zu beschreiben, so dass man jedesmal denkt, ja genau so ist der. Und ebenso treffend charakterisiert er menschliche Eigenschaften, etwa wenn er ein Zwiegespräch mit seinem eigenen Körper führt und dabei menschliche Schwächen auf köstliche Art und Weise darstellt.

Auch die Zuschauer werden nicht ausgespart: Es ist so köstlich wie ein vorzügliches Menü, wenn Schleich die einzelnen Lacher-Typen beschreibt – und am gleichen Tisch oder am Tisch daneben genau so ein Lachen zu hören ist …

Oder wenn er sich seine Gedanken über ¸¸bildungsbürgerliche Empörung“ macht, nachdem die Zuschauer genau so reagiert haben.

Schleich stellt zwar satirisch-ironische Betrachtungen über die Typen von Zuschauern an, aber er macht sich nicht auf Kosten einzelner Zuschauer lustig, wie dies inzwischen in vielen Kabarett- und Comedy-Programmen leider dazugehört. Schleich hat solche plumpen Witze nicht nötig, dazu ist seine Ironie zu treffend, sein Witz zu originell und seine Satire zu köstlich. Der herrlich treffende Wortwitz von Schleich ist nicht etwa nur einstudiert, auch spontan reagiert er immer wieder mit ebenso witzigen, wie treffenden Bemerkungen.

Insgesamt ein ebenso unterhaltsamer wie niveauvoller und rundum gelungener Abend, der die Zuschauer begeisterte.

Von unserer Mitarbeiterin Annegret Ries