Stuttgart ist doch mehr als Bahnhof

Rheinpfalz, Kultur Regional

Der schwäbische Musikkabarettist Fabian Schläper breitet im Mußbacher Herrenhof „Liebhaberobjekte“ vor dem Publikum aus

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Neustadt-Mussbach. Warum trägt der Mann eigentlich auf allen Plakaten diese unmögliche Mütze? Auf die Bühne kommt er nämlich im schicken Anzug mit Hemd und Krawatte. Fabian Schläper ist kein abgedrehter, seltsamer Vogel, wie das Plakat suggeriert. Er ist vielmehr ein brillanter Sänger, ein versierter Komödiant und ein geübter Tänzer. Das Publikum, das am Freitagabend den Mußbacher Herrenhof aufsuchte, konnte sich davon überzeugen. Dort war der Schwabe auf Einladung der Kleinkunstreihe „Kabarettissimo“ zu Gast.

Die orangefarbene Mütze mit den Bommeln und Ohrenschützern tritt nur einmal in Erscheinung. Nämlich gegen Ende, als Pianistin Iris Kuhn das Ungetüm plötzlich vom Hintergrund beischleppt und es Schläper auf den Kopf setzt. Der tiefere Sinn erschließt sich dem Zuschauer zwar nicht, aber vielleicht wollte sich der Künstler einfach nur witzig in Szene setzen. Sei“s drum. Dass der Stuttgarter solche Späßchen nicht nötig hat, beweist er in seinem Programm „Liebhaberobjekte“.

Und weil der Begriff Liebe ganz weit zu fassen ist, sind auch die geliebten Subjekte oder Objekte weit gestreut. Was oder wen Schläper alles in Herz geschlossen hat, zeigt er treffsicher in Wort, Lied und Bewegung. Im Vordergrund steht natürlich das Zwischenmenschliche. In der Rolle des einsamen Wolfes, der umherzieht, immer auf der Suche nach dem großen Glück beziehungsweise „Ping“, wie er es nennt, mag sich so mancher wiedererkennen. Herrlich persifliert Schläper die klischeebeladenen, klassischen Anbahnsituationen: Der zu misslingen drohende Smalltalk, die Angst beim Rendezvous das Falsche zu bestellen oder vor lauter Aufregung unmögliche Buchstabendreher zu produzieren. Fallen über Fallen, in die unser Anti-Held natürlich tappt. Als Antipode präsentiert er die Lichtgestalt Julian Sonnenhofer, den seine Freunde Juli nennen und dem er nachzueifern trachtet. Der gute Juli mit seinem Nivea-Duft zieht sich wie ein roter Faden durch das Programm, taucht immer dann auf, wenn Idole gefragt sind.

Fabian Schläper lässt seine Zuhörer teilhaben an seiner Gefühlswelt, an seinen Sorgen und Problemen, aber auch an den kleinen Höhepunkten, die das Leben, nicht zuletzt in dem netten Stuttgarter Trödelladen, für ihn bereit hält. Und in seinen teils romantischen, empfindsamen Balladen und Liedern entführt er in die schöne Welt des wundersamen Scheins. Auch von Liebe ist da die Rede, vom herzzerreißenden Abschiednehmen auf Gleis 9. Was bleibt, sind die zwei Bonbonpapierchen, die im Wind tanzen. Schnief!

Doch das ist nur die eine Seite des mehrfach ausgezeichneten Kabarettisten. Perfekt gelingt ihm nämlich der Schwenk zum frivolen Couplet, zu zweideutigen, ja auch eindeutigen Liedern. Gekonnt mimt er dabei eine Art „homme fatal“. Lasziv sich auf einem Stuhl räkelnd oder im schmachtenden Tanz spielt er den perfekten „womanizer“. Die Vorteile eines Singles, der letztendlich sein Bett für sich allein hat, bleiben nicht unerwähnt.

Liebhaberobjekte, das sind aber auch der Goldjunge, der als kleines Stehtischchen fungiert, und den er auf der Bühne aufgebaut hat; das ist möglicherweise ein Haus mit Balkon, mit üppiger Brüstung, oder das Schaukelpferd von Goethe, das bei seinem Lieblingströdler verstaubt. Ihnen allen widmet Schläper einige Verslein, um rasch weiter zum nächsten Thema zu springen. Besonders komisch ist die Beschreibung des kurzen, aber intensiven Lebens einer Eintagsfliege.

Als Schwabe mit Migrationshintergrund, der obendrein von einer Pfälzerin – Iris Kuhn stammt aus Bad Dürkheim – versiert am Flügel begleitet wird, knöpft sich der Kabarettist die Eigenheiten der einzelnen Landsmannschaften vor. „Stuttgart ist mehr als nur ein Bahnhof“ bricht er eine Lanze für seine Heimatstadt. die hübsche Pianistin, die er nicht zuletzt ob ihres Dialektes neckt, dürfte ihm aber gut und gerne noch ein stärkerer Sparringspartner sein. Das könnte das viel zitierte Körnchen Salz in der Suppe sein.

Von Regina Wilhelm