Klangvoller Spaziergang durch das Jahrhundert

Rheinpfalz, Kultur Regional

 Das Hamburger Ensemble „Bidla Buh“ begeistert im Herrenhof mit dem Ambiente der mondänen 20er Jahre

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Was hatte denn der Mußbacher Nikolaus in seinem Sack? Drei skurrile Musiker, einen Frauenmörder und Lieder im Stil der dekadenten 20er und 30er Jahre: „Bidla Buh“ traten am Samstagabend im Herrenhof mit ihrem Programm „Damenwahl“ auf.

„Jawoll, meine Damen, pardon meine Herren“, begrüßt Conférencier, Sänger und Trompeter Torge Bollert das Publikum. Er ist, wie Olaf Klindtwort an der Gitarre und Jan Behrend am Schlagwerk, im Frack mit Rose am Revers angetreten. Die Haare der drei sind kunstvoll mit Pomade durchtränkt. „Ich hab· das Fräul·n Helen baden sehen“, behaupten Bidla Buh weiter und haben Spaß dabei: Gitarrist Ole schaut so schelmisch in den Saal, als habe der Nikolaus für ihn anstelle des „goldenen“ nur das schwarze Buch dabei gehabt. Torge singt charmant vom Voyeurismus, und Jan Behrend macht am Schlagzeug Charlie Watts Konkurrenz. Frederic, wie er auf der Bühne heißt, sitzt mit eiserner Miene hinter seinen Bass- und Snare-Drums und scheint sich überhaupt nicht zu bewegen.

Das nächste Lied habe Udo Jürgens in den 30er Jahren von Bidla Buh abgeschrieben: „Aber bitte mit Sahne“. Die drei Musiker spielen den neuzeitlichen Schlager im damaligen Stil und klingen dabei nicht nur nach Schellack, sondern fast schon nach Eddison-Walze. Mit dem Habitus des Conférenciers und einer authentisch-quäkenden Stimme trägt Torge Bollert einiges zur Täuschung bei. Dabei ist noch nicht mal die Besetzung historisch: „Wir sind die einzige Band mit Trompete, Gitarre und Schlagzeug“, sagt er, „damals wäre ein Kontrabass dabei gewesen, oder man hätte eine ganze Big Band gehabt“.

„Bidla Buh“ ist nicht nur der Name der Formation aus Hamburg, sondern auch ein Lied von Georg Kreisler: Ein Mann bringt alle seine Frauen um, weil er ihnen Liebe bis zum Tod geschworen hat. Was hat die Gruppe mit ihrem Namen zu tun? „Wir sind nicht gefährlich“, versichert Torge Bollert, „wir wollen nur diese Skurrilität der 20er und 30er Jahre auf die Bühne bringen, die auch das Kreisler-Lied hat, und wir nehmen den Frauenmörder nicht so ernst“. Hommage an einen berühmten Hamburger: Die drei Musiker spielen ein Hans-Albers-Medley – „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ in Versionen von Albers, Falco und Stockhausen. Klingt es bei Albers noch wie auf dem Dom nach zehn kühlen Blonden, hört es sich bei Falco schon nach einigen Nasen Kokain an und bei Stockhausen wird es postmodern psychedelisch. Bidla Buh tönen aber durchweg, als hätte der Nikolaus ein Röhren-Radio auf die Bühne gestellt.

Die Zuhörer jubeln und dürfen sich in der Pause wie die Künstler selbst an Absinth laben. „Etwas flach“, urteilt einer von ihnen. Wir sind leichte Unterhaltung“, meint Torge Bollert, „aber uns ist wichtig, die Musik virtuos zu präsentieren, skurril zu sein“. Eben. Ein Schlager-Abend ist keine Dichter-Lesung.

Über „In der Bar zum Krokodil“ und „Barbara“ geht es zu Heinz Erhardt und den Beatles. Bidla Buh spielen die Hits der Liverpooler, als seien sie 1927 in Hamburg geschrieben worden: Olaf Klindtwort lässt seine Finger über die elektrische Gitarre eilen und macht dabei ein Gesicht, als sei er selbst von seiner Virtuosität überrascht. Bollert gibt den souveränen Conférencier und Frederic begeistert am Schlagwerk: Unter seinen Klöppeln klingt sogar ein einfaches Xylophon interessant.

Alles in allem ist der Abend eine wahrhaft gelungene Zeitreise. Die Besucher müssen beim Nikolaus einen Stein im Brett haben, wenn er ihnen Karten für den Herrenhof in den Stiefel gesteckt haben sollte …

Von unserem Mitarbeiter Michael Bopp