Wie ein Otto-Dix-Gemälde entlehnt: Robert Kreis im Kreise seiner Jazz-Sextanten. FOTO:LM
Es war die Zeit zwischen zwei Kriegen; die Zeit der Tanzbars und der Dekadenz, als es auch in Deutschland Frauenorchester gab, die zu Charleston und Foxtrott aufspielten: die 20er und 30er-Jahren. Diese Zeit ließen Robert Kreis und seine Jazz-Sextanten am Samstag im ausverkauften Herrenhof-Festsaal wieder auferstehen: „Let´s have fun“ heißt das Programm.
Robert Kreis kommt auf die Bühne: blaue Nadelstreifenhose, gelbe Doppelreiherweste, Fliege und Menjourbärtchen. Seine sechs Damen: quasten-und bordenbesetzte Kleider, Haarkronen. Würden sich die sieben nicht im Takt bewegen, es könnte ein Gemälde von Otto Dix sein, das sich da gruppiert hat. Mit einem Schlager-Potpourri aus den 20er-Jahren stellt Kreis sein Orchester vor: „Grete (Heike Beckamnn) spielt den ganzen Tag Klavier“, Susanne Riemer (Trompete), Gabriele Rosenberg (Posaune), Sonja Nickenig (Schlagzeug), Claudia Lehleitner (Bass) und „Die Susi (Ilona Haberkamp) bläst das Saxophon“. „Die Susi bläst ganz wundervoll, mal hart, mal weich, mal in Dur und mal in Moll“, singt Kreis. Verbunden mit einem charmanten Augenzwinkern klingt das gar nicht vulgär.
Auch wenn er Titel aus seiner immensen Plattensammlung dieser Zeit zitiert, kann das Publikum über derlei Anzüglichkeiten lachen: „Es will die Ingeborg, dass ich ihr meine Dinge borg“ oder „Ich bin scharf auf Erika, wie Kolumbus auf Amerika“. Er und seine Musikerinnen entscheiden sich für“Ich steh mit Ruth gut“, und die vollendete Gestik des Entertainers begeistert.
Robert Kreis und seine Jazz-Sextanten spielen Jazz, Foxtrott, Blues und Swing. Dabei schaffen sie eine Atmosphäre wie im Berlin der Weimarer Zeit und so mancher Besucher schaut sich im Saal um: Da sitzt aber kein Kurt Tucholsky an der Bar und amüsiert sich. Da sind Zuhörer, deren Füße im Takt wippen, deren Hände klatschen. Bei „Minnie, the moocher“ singen sogar die meisten mit: Elegant läuft Robert Kreis mit dem Mikrophon durchs Publikum und lässt einzelne Zuhörer seine Variationen des Refrains wiederholen.
Nach der Pause tänzelt das Sextett auf die Bühne und spielt „How do you do, Mister Brown?“. Robert Kreis alias Mister Brown stolziert an den Damen vorbei und kasiert die Einnahmen des Tages. Meisterhaft verbinden die Musikerinnen Theatereinlagen mit ihrem Spiel. Schlager wie Erwin Bolts „Meine Oma fährt Motorrad“ und Steppeinlagen des Multitalents Kreis runden dieses gelungene Varieté-, Revue- und Musikprogramm ab.
Robert Kreis wurde 1949 auf Java geboren. Er lernte früh Klavierspielen und arbeitete einige Zeit auf Kreuzfahrtschiffen. Besuchte dann die Kleinkunstschule in Den Haag und steht seit nunmehr 20 Jahren auf der Bühne. Mit „Let´s have fun“ führt er eine Familientradition fort: Auch seine Großmutter hatte ein 18-köpfiges Frauenorchester. „Das war immer ein Traum von mir“, erzählt der Künstler, „vor zwei Jahren habe ich dann mit Hilfe meines Saxophonlehrers dieses Sextett zusammengestellt“.
Nachdenklich verabschiedete sich Robert Kreis am Flügel: „Das Leben ist ein Theaterstück. Wer weiß, wo wir morgen sind“. Wahrscheinlich bezaubern sie morgen wieder ihr Publikum irgendwo in der Republik mit dem Flair der 20er!
Von unserem Mitarbeiter: Michael Bopp