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Politiker, die nur nach „Posten, Kohle und Pension“ schielen

Kultur Regional

Einen Rundumschlag auf die Regierung und Deutschland macht Kabarettistin Simone Solga bei „Kabarettissimo“ im Herrenhof-Festsaal 

Von Regina Wilhelm

Nicht das Florett, nein die Keule hatte Simone Solga im Gepäck. Und mit der hieb sie vor allem auf die Ampel-Regierung und ihre Akteure ein. Am Samstag war die Kabarettistin zu Gast im Herrenhof in Mußbach. Sie bildete den Auftakt der diesjährigen Kabarettissimo-Reihe.

Der Festsaal des Herrenhofs ist fast voll besetzt. Simone Solga hat viele Fans. Klar, sie ist bekannt, auch dafür, dass sie bei ihren messerscharfen Analysen und Schlüssen kein Blatt vor den Mund nimmt. Gleich wird sie einen Warnhinweis, „ähnlich wie es im WDR gemacht wird“, zu sich selbst geben. Nicht ohne Grund. 

Mit kräftigem Applaus begrüßt das Publikum die Künstlerin. „Das nenn’ ich mal eine echte Willkommenskultur“, meint sie grinsend. Und ergänzt, dass sie gern im „Las Vegas der Pfalz“ sei. Doch wer ob des Lobs strahlt, erhält die kalte Dusche: „Die Straßen in Neustadt sehen aus als sei der Russe durchmarschiert.“ Und wie die Leute angezogen seien, nein, ohne jeglichen Schick. Sicher seien hier auch die meisten verwandt – „Inzest wie bei Habeck?“. Pause. „Darf man Habeck sagen?“. Immer wieder richtet sie das Wort an die Zuschauer in der ersten Reihe, die zu mancher Stichelei nur die Schultern zucken oder lächeln.

Vor 35 Jahren, blickt Solga zurück, sei die Mauer gefallen. „Nein“, dreht sie den üblichen Spieß um, „in der BRD war nicht alles schlecht“. Die Wiedervereinigung – eine Annexion durch die DDR. „Kohl versprach blühende Landschaften. Bekommen haben wir Merkel. Und was die nicht kaputt gekriegt hat, erledigt die Ampel.“ Startschuss für die Tirade. Zunächst knöpft sie sich den Kanzler als „Merkel ohne Haare“ vor. Sie zerlegt seine Ankündigungen („alles nur Fantasy“) und vergleicht die Lebhaftigkeit, die er versprüht mit der einer Leiche. Alle kriegen ordentlich ihr Fett weg: Gesundheitsminister Lauterbach – „als er ihn erschaffen hat, hat Gott seine Leidensfähigkeit geprüft“ oder Außenministerin Baerbock – „steht für Trampolinspringen und kreatives Schreiben“ und all die anderen im Kabinett. Dabei greift Solga tief in die Kiste der richtig bösen Vergleiche und hämischen Titulierungen. 

Alpentaliban und Lafontaines Luxuspflegekraft
Und die Opposition? Die CDU, der „Merkel die Eier weggepustet hat“, verwandele sich unter Friedrich Merz in eine mild-konservative Partei. Möglicher nächster Kanzlerkandidat? Noch nicht klar. Der „Alpentaliban“ wolle angeblich in Bayern bleiben. Abzuwarten bleibe, wie es weitergehe mit den neuen Parteien von Wagenknecht, „Luxuspflegekraft von Lafontaine“, und Maaßen. Nicht zu vergessen „der Bundespräsidenten-Darsteller Frank-Walter Steinmeier“. Der gebe Weisheiten wie aus Glückskeksen von sich. Nein, bilanziert Solga, sämtliche Politiker, die angeblich Verantwortung übernehmen wollten, schauten nur nach „Posten, Kohle und Pension“. Das sollten sie doch dem Volk ehrlich sagen. 

Kein Wunder, dass die AfD immer mehr erstarke. Eine linke statt eine rechte Partei wäre in Deutschland „lieberer“ gesehen, schiebt sie nach. Aber, beruhigt sie auch die im Saal sitzende „Selbsthilfegruppe“, würden die Leute von der Regierung wieder gehört, würde eine andere Politik gemacht, eine die sich nicht der Rettung des Planeten durch deutsche Heizungen verschreibe, hätte die AfD nicht mehr so viel Zuspruch. Denn ein richtiges, gutes Wahlprogramm lege die rechte Partei nicht vor.

Seit Corona, hält die Kabarettistin fest, sei das Land komisch geworden. „Keiner redet mehr ohne Schaum vor dem Mund.“ Daneben die schweigende Mehrheit, aus Furcht, in die rechte Ecke gestellt zu werden. Gekonnt schlägt Solga einen Bogen zu den „öffentlich-rechtlichen“, die „sich ihre eigene Realität schaffen“, nicht nur berichten, sondern auch bewerten. Beispiele gefällig? Marietta Slomka könne auf 25 Arten beleidigt gucken. In der ARD gelte die „Anorexia Zamperoni“. Und der Deutschlandfunk sei mittlerweile so einseitig, dass sie ihn kaum noch hören mag. 

Auf einer fingierten „klimaneutralen“ Fahrt durch die Republik legt Solga als Reiseleiterin Finger in die Wunden: Schlaglöcher auf den Straßen, ein liegengebliebener ICE, ein Windpark, der mit Gas aus den USA betriebenen Ventilatoren bewegt wird. Stopp am Görlitzer Park in Berlin, wo nicht nur gelebte bunte Vielfalt“ zu bestaunen ist, sondern auch alle möglichen Drogen „als Souvenir“ zu kaufen sind. 

Simone Solga schaut genau hin, nimmt Entwicklungen in der Politik und in der Gesellschaft ins Visier. Ob Gendern, ob dauerhaftes Tragen von Funktionsjacken oder der typisch deutsche Neid. Die Kabarettistin benennt deutlich – teils humoristisch, teils deftig – die Auswüchse. Am Ende hält sie fest, dass trotz aller Unbilden, Auswandern auch keine Lösung ist. Es bleibe, auf die Stunde Null zu hoffen, denn allein die Liebe rette uns nicht.

Quelle

AusgabeDie Rheinpfalz Mittelhaardter Rundschau – Nr. 18
DatumMontag, den 22. Januar 2024
Seite19

Simone Solga
29.01.2024

Der Flügel im Dauereinsatz

Kultur Regional

Simone Solga ist offensichtlich auch nach dem Abgang ihrer einstigen „Chefin“ Angela Merkel immer noch sehr beliebt. So erstaunt es nicht, dass die erste „Kabarettissimo“-Veranstaltung in diesem Jahr mit der ehemaligen Kanzlerin- Souffleuse schon fast ausverkauft ist. Doch es gibt ja auch noch andere Kabarett-Termine im Herrenhof – vor allem mit Musik.

Von Regina Wilhelm

 
„Das Weihnachtsgeschäft lief hervorragend“, berichtet Uwe Kreitmann, der Leiter der „Kabarettissimo“-Kleinkunstreihe im Herrenhof. „Da gingen in der Tat schon die meisten Karten für Simone Solga weg.“ Das hat natürlich auch damit zu tun, „dass sie in unserer Region sehr bekannt ist“. Auch in der Mußbacher Reihe war die Kabarettistin aus Thüringen schon mehrfach zu Gast – seit 2004, als ihre Solokarriere nach langen Jahren als Ensemble-Mitglied der Leipziger Pfeffermühle und der Münchner Lach- und Schießgesellschaft so richtig durchzustarten begann, in regelmäßigen Abständen, zuletzt 2021. „Ist doch wahr!“ heißt nun das neue Programm, mit dem die 60-Jährige seit September auf Tour ist und am 20. Januar auch nach Neustadt kommt.

Simone Solga
liebt SaumagenDer Titel drückt schon die Empörungshaltung aus, mit der die Kabarettistin und Schauspielerin auf der Bühne unterwegs ist. Sie knöpfe sich, so Kreitmann, die Regierenden und ihre Politik vor, „nimmt sie alle auf die Schippe“, zeige auf, was ihrer Ansicht nach in diesem Land schief läuft, „nennt die Dinge einfach beim Namen“. Solga sei eine der wenigen Frauen, die bestes politisches Kabarett bieten. Und da sie mittlerweile recht berühmt sei, auch durch regelmäßige Auftritte im TV bei prominenten Kabarettsendungen wie „Nuhr im Ersten“ oder „Die Anstalt“, freue er sich umso mehr, dass sie nach wie vor „zu unseren treuesten Künstlern“ zählt. Vielleicht liege das auch daran, dass sie „so gern unseren Saumagen mag“, ergänzt er schmunzelnd. 

Beim nächsten Termin der Reihe am 24. Februar versetzen sowohl der Name der Auftretenden wie die Überschrift spontan ins Grübeln: „Andreas Martin Hofmeir & Sidemann – Kein Aufwand! Teil 1“. Uwe Kreitmann klärt gerne auf. Ja, der Hofmeir, übrigens kein Unbekannter im Neustadter Raum, sei schon etwas eigenwillig. Barfuß und im Oktoberfest-Outfit verleugne der ausgebildete Tubist ganz gewiss nie seine bayerische Herkunft. Hofmeir sei aber nicht nur ein begnadeter Musiker, der in allen Genres zu Hause ist, 2013 einen Echo Klassik als „Instrumentalist des Jahres“ erhielt und eine Tuba-Professur am Mozarteum in Salzburg inne hat, sondern auch ein echter „Kabarettist und Kleinkünstler“ – im Stile von Karl Valentin und Gerhard Polt. 

Aber wer sich hinter dem „Sidemann“ verbirgt? Das weiß auch Kreitmann nicht zu sagen. „Das wird eine Überraschung.“ Aber ganz sicher sei es jemand, der Hofmeir musikalisch begleite. Auf humoristische Art wird der von seinen Reisen und den Erfahrungen mit seinem nicht eben handlichen Blasinstrument erzählen. Kreitmann hatte Hofmeir einmal im Autoradio gehört. „Ich habe so gelacht, dass ich mich umgehend um einen Auftritt des Künstlers bei uns bemüht habe.“ Der Zusage machte die Pandemie dann einen Strich durch die Rechnung. Wegen Hofmeirs vollem Terminkalender „hatte ich die Hoffnung fast schon aufgegeben. Nun endlich klappt es“, meint er froh. 

„Protestlieder
und Schmähsongs“20 Jahre – im Flug vergangen. So zumindest erscheint es dem Musikkabarettisten Michael Krebs. Mit seiner Jubiläumstour unter dem Motto „Da muss mehr kommen“ macht er am 13. April Station in Mußbach. Erstmals 2013 und seither immer mal wieder ergötzt der Wahl-Berliner das hiesige Publikum. Rückblickend wird er einige seiner persönlichen Highlights zum Besten geben, die sich auf Reisen, bei Auftritten oder in Hotelzimmern ereigneten. „Es wird bestimmt sehr lustig“, versichert der „Kabarettissimo“-Chef. In seinen Augen bietet Krebs, der seine selbst geschriebenen Songs am Flügel begleitet, anspruchsvolle Comedy. Ob wie schon einmal auch wieder ein Fanclub aus Krebs’ Heimatort Neu-Kupfer im baden-württembergischen Hohenlohekreis anreisen wird? Kreitmann ist gespannt. 

Ebenfalls den „hochwertigen Flügel des Festsaals“ (Kreitmann) wird Sarah Hakenberg für ihre selbst geschriebenen und komponierten Lieder nutzen. Daneben will sich die 45-Jährige selbst auf Ukulele und Gitarre begleiten. Erwartet wird Hakenberg, die in Köln geboren wurde, aber in Oberbayern aufwuchs, im Herrenhof am 4. Mai mit ihrem Programm „Mut zur Tücke“, das „Protestlieder und Schmähsongs“ verspricht, „wobei sie wirklich kein Blatt vor den Mund nimmt“, wie Kreitmann betont. Auch sie war schon einmal vor einigen Jahren in Mußbach zu Gast: 2016 mit ihrem damals dritten Soloprogramm „Struwwelpeter reloaded“.

Ein kleines Revival
für die „Twotones“Das erste Halbjahr beschließt am 8. Juni ein Musikduo, das man in Neustadt kaum mehr vorzustellen braucht: die „Twotones“. Die Sängerin Anna Krämer und der Pianist Rainer Klundt, der ja auch aus Neustadt stammt, waren bis vor zehn Jahren fast so etwas wie Stammgäste bei „Kabarettissimo“. Doch inzwischen haben sich die beiden neuen Projekten zugewandt: Krämer ist als Mitglied des Vokal-Comedy-Ensembles „Die Schönen Mannheims“ gut im Geschäft, Klundt engagiert sich im Konzertmanagement. So bleibt für die „Twotones“ kaum noch Zeit. Umso mehr habe er sich gefreut, als Anna Krämer ein kleines Revival vorgeschlagen habe, erzählt Kreitmann. „Der Himmel ist oben!“ lautet der Titel ihres Musikkabarett-Programms, das Stücke ganz unterschiedlicher Genres mit tiefsinnigen, witzigen, selbstironischen oder auch mal sentimentalen Texten verspricht. 

Ansonsten nichts Neues: Die Eintrittspreise bleiben stabil. Abos seien aber für das erste Halbjahr keine mehr zu haben, fürs zweite, das am 20. September mit einem Auftritt des Mentalmagiers Christoph Kuch startet, lohne es sich nachzufragen, so Kreitmann. Unverändert auch das gastronomische Angebot: Weiterhin gebe es vor Beginn und in der Pause Kleinigkeiten zum Essen und eine Auswahl an Mußbacher Weinen. 

NOCH FRAGEN?

Alle Veranstaltungen finden im Festsaal im Kelterhaus des Herrenhofs in Neustadt-Mußbach statt und beginnen jeweils um 20 Uhr. Saalöffnung ist um 19 Uhr. Karten (24 oder 25 Euro zuzüglich Vorverkaufsgebühr) bei Tabak Weiss in Neustadt (06321/ 2942) sowie online mit Print@Home unter www.kabarettissimo.de/tickets. 

Quelle

AusgabeDie Rheinpfalz Mittelhaardter Rundschau – Nr. 4
DatumFreitag, den 5. Januar 2024
Seite15