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HG. Butzko – 25.01.2025

Harmonie und Spaltung

Kultur Regional

H. G. Butzko, ein guter alter Bekannter, macht am kommenden Samstag den Jahresauftakt bei „Kabarettissimo“, der Kleinkunstreihe im Mußbacher Herrenhof. Bis zum Sommer können sich die Besucher über eine gute Mischung aus Wort- und Musikbeiträgen freuen, und auch ein Mentalmagier gibt sich die Ehre. 

Von Regina Wilhelm 

H. G. Butzko, der „seit 2007 regelmäßig, fast immer im Abstand von nur zwei Jahren, bei uns zu Gast ist“, wie „Kabarettissimo“-Leiter Uwe Kreitmann berichtet, stellt am 25. Januar sein neues Programm „Der will nicht nur spielen“ vor, in dem er sich vor allem der vielkonstatierten Spaltung der Gesellschaft widmet. Da bekämpfen sich Alt und Jung, Land- und Stadtbewohner, West und Ost. Und mittendrin er selbst, der allen Seiten Rechnung tragen will. Kreitmann, der das Programm schon kennt, verspricht „eine gelungene One-Man-Show mit einem Feuerwerk an Spitzfindigkeiten“. In seinen Augen ist Butzko, geboren 1965 im Rheinland und aufgewachsen in Gelsenkirchen, „einer der genialsten Kabarettisten Deutschlands“. Umso mehr freut es ihn, dass längst eine „gute Freundschaft“ besteht, der vielfach ausgezeichnete Künstler komme gern und werde von „unseren Abonnenten geschätzt“. 

Magische Illusionen und spritzige Lieder

Wegen Krankheit musste der Mentalmagier Christoph Kuch seinen geplanten Auftritt im vergangenen September kurzfristig absagen. Nun wird er zum Ersatztermin am 15. März erwartet und verspricht, unter dem Titel „Ich weiß“ die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Illusion zu verwischen. Bereits erworbene Karten für September behalten ihre Gültigkeit. Es gebe aber ebenso wie für alle anderen Veranstaltungen bis zum Sommer noch freie Plätze, sagt Kreitmann.

Widmet sich H. G. Butzko im Januar der Spaltung der Gesellschaft, kapriziert sich Matthias Ningel am 22. März auf „Harmonie“, die er in der Musik wie im Leben sucht und findet. „Kabarettissimo“-Chef Kreitmann ist dem Künstler erstmals auf der Kleinkunst-Börse 2018 in Freiburg begegnet . Im folgenden Jahr schon trat Ningel in Mußbach auf – „und gefiel“. Seine selbstgeschriebenen, „spritzigen“ Lieder, die er am Flügel begleitet, „strotzen vor überraschenden Wortfindungen“ und behandelten „gesellschaftliche Phänomene, aber auch Alltäglichkeiten, wie sie jeder und jedem passieren“, so Kreitmann. 

Die in und die vor der Glotze

Die oft bemühte Bezeichnung „Urgestein“ trifft, was die Sparte Kleinkunst betrifft, mit Sicherheit auf Arnulf Rating zu. Der bekannte Wortkabarettist ist seit 2006 ein beliebter Gast in Mußbach. „Tatsächlich war er aber fünf Jahre nicht mehr hier“, sagt Kreitmann. Nun sei es zum Glück wieder gelungen, den Berliner zu engagieren. Unter dem Motto „Tagesschauer“ wirft er am 26. April einerseits einen Blick auf die, die vor der Glotze sitzen, andererseits auf die, die dort vornehmlich zu sehen sind – die Politiker. Scharf geht er mit den amtierenden ins Gericht. Gespannt sein darf man, was er über die neue Bundesregierung – so sie denn dann schon im Amt ist – sagen wird. Neben der traditionellen Bildzeitung-Schlagzeilen-Analyse wird er – ganz modern – Einspieler aus den Nachrichtensendungen bringen. 

„Drei phantastische Stimmen und ein grandios gespieltes Klavier“ – so werden die „Schönen Mannheims“ vorgestellt. Die ausgebildeten Sängerinnen und Musikerinnen schauen am 17. Mai mit Songs und Comedy im Gepäck im Herrenhof vorbei. Anna Krämer – bekannt vom Duo „Twotones“ –, Susanne Back und „Operndiva“ Smaida Platais werden begleitet von Pianistin Stefanie Titus, „der Meisterin der hochgezogenen Augenbraue“, wie es in der Ankündigung heißt. „Glanzstücke – Beschd of 2.0“ nennt sich das neue Programm, das die vier Damen mitbringen, die zwar erstmals in der Corona-Zeit bei „Kabarettissimo“ auftraten, aber sich mit ihren mal witzigen, mal einfühlsamen oder auch traurigen „Liedern aus dem Leben“, ihren Kabbeleien, Wortspitzen und comedyhaften Einlagen in Mußbach schnell zu echten Publikumslieblingen entwickelt haben.

Die Sommerpause dauert diesmal etwas länger

Den Reigen im ersten Halbjahr beschließt am 14. Juni der österreichische Wahl-Schwabe Stefan Waghubinger, der unter dem Motto „Hab ich euch das schon erzählt?“ einen Rückblick auf Höhepunkte seines 15-jährigen Wirkens auf der Bühne präsentiert, wobei er aktuelle Katastrophen nicht ausspart. Als „echte Rampensau, die voll losbrettert“, beschreibt Kreitmann den Künstler. „Es ist herrlich, seinem Gepolter zuzuhören.“ 

Nach einem „super-tollen 2024“ hofft der „Kabarettissimo“-Gründer und -Leiter, dass es 2025 so weitergeht. „Wir haben viel gelacht“, meint er rückblickend. Ohne die anderen schmälern zu wollen, erwähnt er als seine persönlichen Glanzlichter die Auftritte von Ulrich Michael Heissig alias „Irmgard Knef“ und des Kabarett-Tubisten Andreas Martin Hofmeir. Zufrieden ist er mit den aktuell 85 Abos, „die auch für uns sprechen“. Neu ist die Möglichkeit, Gutscheine zu erwerben. Die Eintrittspreise seien dabei gleichgeblieben, so Kreitmann. Ein Wermutstropfen dagegen: die zweite Jahreshälfte startet erst sehr spät, am 24. Oktober, mit Mathias Tretter und seinem Programm „Souverän“. Grund sind anstehende Bauarbeiten im Herrenhof. 

NOCH FRAGEN?
Alle Veranstaltungen finden im Festsaal im Kelterhaus des Herrenhofs in Neustadt-Mußbach statt und beginnen jeweils um 20 Uhr, Ausnahme ist der Magier-Abend am 15. März, der um 20.30 Uhr startet. Karten (27,40 oder 28,50 Euro) bei Dürninger Tabak & News (vormals Tabak Weiss) in Neustadt oder online mit Print@Home über Ticket-Regional unter www.kabarettissimo.de/tickets. Foto: Torsten Silz

Quelle

AusgabeDie Rheinpfalz Unterhaardter Rundschau – Nr. 18
DatumMittwoch, den 22. Januar 2025
Seite15

Brünftiges Lachen

Kultur Regional

Der Kabarettist René Sydow bei „Kabarettissimo“ im Herrenhof in Neustadt-Mußbach mit seinem Programm „In ganzen Worten“

Von Cosima Schade

Der Kabarettist, Autor, Wortkünstler Rene Sydow stellt am Samstag im Herrenhof mit seinem Programm „In ganzen Worten“ so ziemlich alles in Frage, was aktuell für „moralisch richtig“ gehalten wird: Aufrüstung, Gendern, Digitalisierung, Selbstoptimierung, Klimaschutz.

Dabei gibt er Denkanstöße, plädiert für eine differenziertere Sichtweise- und provoziert. So erfüllt er aber eine wichtige Aufgabe des politischen Kabaretts, die nur noch selten zu sehen ist. Am Anfang sieht man Sydow mit einem „Wischmop“ und Wasser scheinbar den Boden putzen. Er müsse schnell machen, danach habe er noch einen Auftritt in einem Baumarkt. Wohl eine Anspielung auf „gesunkene“ Schlagerstars, die in solchen Örtlichkeiten auftreten? Selbstironie? Sydow ist vor zehn Jahren in der „Anstalt“ aufgetreten. Jetzt passe er dort nicht mehr hin, wie er selbst nach der Show zugibt. Er werde mal als zu links, dann als zu rechts eingestuft. Auftritte habe er dennoch genug. Jüngst in 3 Sat, er tourt durch ganz Deutschland, bekam den baden- württembergischen Kleinkunstpreis 2024 verliehen. Auch diese Show ist fast ausverkauft, sie endet mit Standing Ovations.

Aber seine Inhalte provozieren: Die Unterstützung der Ukraine sieht er – ohne das Land zu erwähnen – als „Fortsetzung der Diplomatie mit anderen Mitteln“. Die Grünen seien die einzige Friedenspartei, mit der man „richtig Krieg“ führen könne.

Deutschland habe aktuell die höchsten Militärausgaben, obwohl nicht ein einziger amtierender Minister gedient habe, bis auf Lauterbach, der untauglich gewesen sei. Und Pistorius. Krieg führen, um Frieden zu erhalten, sei wie seine Tochter auf den Strich schicken, damit der Sohn Theologie studieren könne. „Hohoho“ reagieren die Zuschauer. „Brünftige Geräusche“ kommentiert der Künstler, der diese Reaktion gewohnt ist.

Desweiteren kritisiert Sydow die „Political Correctness“, in deren Namen Literatur umgeschrieben werde, und Filmen wie „Ekel Alfred“ Warnhinweise vorangestellt. „Überall triumphiert die Gesinnung“. Er liebe die Sprache, müsse aber zunehmend aufpassen, welche Worte er benutze.

Als „alter weiser Mann“ – ein feststehender Begriff – sei es schwierig eine „schwarze“ Frau („hohoho“) im Parkhaus anzusprechen, dass ihr Licht noch brenne. Komplimente machen könne generell missverstanden werden, das Wort Fräulein sei ohnehin tabu, alles könne als diskriminierend, homophob, transphob et cetera wahrgenommen werden. Viele Wörter haben eine Bedeutungsumkehr erfahren. „Querdenker“ zum Beispiel. Auch wurde er von seinem Neffen ermahnt, dass man nicht mehr so einfach fragen könne, was jemand werden wolle, „als Beruf nicht Geschlecht“. Lacher. Damit spielt er auf den Themenkomplex „woke“ an- und kommt weiter in „rechtes“ Fahrwasser. Das ist ihm bewusst: Seiner Meinung nach könne man allerdings die AfD und deren Gesinnung nicht mit Sprache bekämpfen, sondern indem man eine Politik mache, die sie überflüssig mache. Zudem sei sie frei gewählt: Er verteidige nicht „die Rechte“, nur die „Rechte der Rechten“, die gelten nämlich nicht nur für Linke. 

Seine Weltsicht sei differenziert, die Welt komplex. Er kritisiert, dass Sarkasmus und Ironie nicht mehr verstanden werde, was den Satirikern das Leben schwer mache. Satire sei, wenn man alle politischen Parteien kritisiere. Alles andere sei Aktivismus. Er sei gegen Denkverbote, sehne sich nach den Zeiten der 68er, obwohl er selbst erst 1980 geboren ist. Diese träumten von einer Welt ohne Verbote. Desweiteren begründet er grammatikalisch und mittels Studien, dass Gendern keinen Sinn mache. Er ist der Überzeugung, dass die Klimakrise nicht in Deutschland gelöst werden könne, sondern sich die Zukunft in Asien und Südamerika entscheide.

Zuerst müsse die Armut bekämpft werden, Klimaschutz müsse man sich leisten können. Weniger strittig ist dagegen seine Kritik am Optimierungswahn über Fitnessarmbänder, „Überwachung“ durch Alexa und Algorithmen. Auch den Drang, sich auf Insta ständig mit anderen zu vergleichen kritisiert er. Dass das Internet, Schürfen von Bitcoins viel Energie verbraucht, und genauso klimaschädlich wie das Fahren von SUVs ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Das eine wird von technikaffinen Klimaschützern kritisiert, das andere nicht.

Der Abend endet mit der Anfangsszene. Jetzt wird klar: Sydow putzt nicht. Er schreibt mit einem Pinsel auf den Boden. Diese „Wasserkalligraphie“ ist Kunst und zugleich Mittel der Kritik in China. Ob er sich mit dem Kalligraphen identifiziert?

Quelle

AusgabeDie Rheinpfalz Mittelhaardter Rundschau – Nr. 286
DatumMontag, den 9. Dezember 2024
Seite22