Von Annegret Ries
Weibliche Fans, die am Ende der Veranstaltung dem Künstler mit verzücktem Blick Blümchen überreichen und ihn umarmen, kennt man vor allem von Schlager- und Popkonzerten. Auch Michael Krebs hat so einen Fan. Die kam am Samstagabend nicht nur mit Blumen zur Bühne, sondern tat auch den ganzen Abend ihr Bestes, um die Stimmung zu steigern, lachte auch bei schlechten Gags, schrie laut „yeah“ und klatschte heftig. Ein Teil der Zuhörer ließ sich davon anstecken. Wobei es im Vergleich zu anderen Veranstaltungen der Kleinkunstbühne Kabarettissimo nicht allzu voll im Saal des Herrenhofs war.
Krebs stammt aus Schwaben. Obwohl er mehrere Jahre in Hamburg gelebt hat und inzwischen schon lange in Berlin wohnt, schwäbelt er nach wie vor ziemlich heftig. Dialekte sind Geschmacksache; wer Dialekte nicht mag und schwäbisch besonders nicht, hat bei Auftritten von Krebs ein Problem. Doch selbst wenn man dieses Problem beiseiteschiebt, kommen Fragen auf angesichts dessen, was das Programm verspricht, nämlich „das Beste“ von Krebs aus den vergangenen 20 Jahren. Wenn dies das Beste ist, wie muss dann das Schlechte aus den vergangenen 20 Jahren sein.
Denn Texte, deren Inhalt im Wesentlichen daraus bestehen, dass Krebs beschreibt, wie er in der Küche Gurken raspelt, Auberginen schrubbt und was sonst noch so zum Kochen gehört, sind weder unterhaltsam, noch ironisch, sondern langweilig. Aber vielleicht schwäbelt Krebs nicht nur, sondern ist auch sonst ein Schwabe geblieben. Die sind bekanntlich sparsam, und vielleicht geht Krebs sparsam mit den guten Teilen seiner Programme um.
Erlebnisse im LuxushotelDazu gehört etwa das Lied, das Krebs als Trostlied ankündigt und das den für ein tröstliches Lied passenden Titel „Es wird alles noch schlimmer“ trägt. In dem beschreibt Krebs treffend Entwicklungen. Kabarettistische Unterhaltung bietet Krebs, wenn er erklärt, warum es Kabarettisten und Satiriker in der heutigen Zeit so schwer hätten: Die Politik biete so viel Satire und bringe die Menschen zum Lachen, dass Kabarettisten und Satiriker, das nicht übertreffen könnten.
Zu den besseren Teilen des Programms gehört auch erst einmal die Erinnerung von Krebs an seine Erlebnisse als Hotelbarpianist und die Beschreibung der Gäste in einem Luxushotel. Doch irgendwie findet er kein Ende, macht weiter, auch als es langweilig wird. Er habe kein Konzept für den Abend hat der Kabarettist zu Beginn gesagt. Das scheint zu stimmen.
Seit seiner Zeit als Hotelpianist habe er keine Anzüge mehr getragen, erst jetzt wieder damit angefangen, erzählt Michael Krebs. Der Anzug den er in Mußbach getragen hat, gehörte eindeutig zu den besseren Teilen des Abends: ein gold glänzender Anzug mit dem Muster einer Schlangenhaut. Manchmal gibt Krebs in diesem Anzug den Rock’n’Roller – das ist ganz nett, wirkte aber unbeholfen.
Was Michael Krebs wirklich gut kann, ist, das Publikum dazuzubringen, sich zum Narren zu machen. So lässt er die Besucher beispielsweise immer wieder mit viel Überzeugung den Satz „Ich bin nicht gut genug“ singen. Wenn man nicht mitmacht, sondern zuhört, ist das echt lustig. Oder er bringt das Publikum dazu, bei einem „zweistimmigen Goschpelchor“ merkwürdige Laute nachzumachen. Und er schafft es, die „Ballade pour Adeline“ von Richard Clayderman kaputt zu machen. Man muss diesen Hit wirklich nicht mögen, doch was Krebs daraus macht, macht alle, die das Lied mögen, zu sexgesteuerten Idioten.
Originell dagegen sein Lied über den Flüsterfuchs, der mit der Pommesgabel der Heavy Metal-Szene zu verwechseln ist. Amüsant und treffend wirkt auch die Beschreibung seiner Kindheit in Neu-Kupfer. Diesen Teilen des Programms war es zu verdanken, dass die Besucher eine Zugabe forderten.
Quelle
Ausgabe | Die Rheinpfalz Mittelhaardter Rundschau – Nr. 88 |
Datum | Montag, den 15. April 2024 |
Seite | 19 |