Auf der Suche nach ein bisschen Sinn

Rheinpfalz, Kultur Regional

Das Musikkabarett-Duo Simon & Jan stellt sich mit seinem Programm „Halleluja“ im Mußbacher Herrenhof vor

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Von Andrea  Dölle

Neustadt-Mussbach. Es hat ein wenig gedauert, bis das Liedermacherduo Simon & Jan so richtig angekommen und -genommen war am Samstag im voll besetzten Festsaal des Herrenhofs. Aber am Ende war die Verständigung geschafft, die Zuhörer machten mit, wo sie als Refrainsinger gefragt waren, spendeten begeisterten Beifall und ließen die beiden nicht ohne etliche Zugaben von der Bühne.

Dass Simon & Jan aus dem Norden der Republik kommen, merkte man nicht nur daran, dass sie ihr Publikum abends um acht mit „Moin“ begrüßten. Mit leiser, sehr sanfter und norddeutsch eingefärbter Stimme gab Jan Traphan, der das Reden und im Wesentlichen auch das Singen besorgte, den schüchternen Jungen, der sich nur ganz vorsichtig traut, das Publikum zum Mitmachen aufzufordern, und bei dem die Aufmüpfigkeiten und Frechheiten der Liedtexte quasi unwillkürlich, fast gegen seinen Willen passieren. Simon Eickhoff, mit Dreadlocks bis über die Hüften, war Begleitsänger und für Effekte wie das Loopgerät zuständig. Außerdem setzte er mit Beatboxing Perkussionseffekte, ein eher seltenes Können bei Liedermachern.

Beide kommen aus Oldenburg und haben sich dort im Lehramtsstudium kennengelernt, und mit Jahrgang 1980 und 1981 sind sie wesentlich älter, als sie aussehen und wirken. Tief über ihre Gitarren gebeugt – sie sind beide richtig gute Gitarristen –, hoben sie nur den Kopf, wenn die nächste Zeile zu singen war oder Jan das Publikum ansprach. Dazu noch ein deutliches Tremolo in Jans Stimme, und so manche kleine Silbe ging einfach unter. So dauerte es etwas länger, bis Zuhörer – viele von ihnen auch älter – und Künstler aufeinander eingestellt waren. Der Anfang ging allerdings leicht: „Halleluja“ hieß das Programm, und „Halleluja“ riefen auch immer wieder Stimmen aus dem Publikum, zur Bekräftigung oder auch einfach so aus Vergnügen. Das Programm hatte nicht viel mit den himmlischen Heerscharen zu tun – „Ihr habt doch nicht erwartet, dass wir mit Engelsflügeln wie auf dem Plakat auftreten?“, fragte Jan schüchtern. „Doch“, kam’s vom Publikum zurück. Sie hatten es nach dem „Halleluja“ von Leonard Cohen benannt, mit dem sie das offizielle Programm beschlossen. Ein sehr religionskritisches Lied war allerdings dabei, „Ach Mensch“, in dem es um die schlimmen Dinge geht, die Menschen im Namen aller Religionen anderen antun, seien es Kriege zur Verkündigung mit Feuer und Schwert, beschnittene Frauen oder Hexenverbrennungen, oder auch die Absurditäten auf der Suche nach einem bisschen Sinn im Leben. Zynisch, wie ihnen manchmal nachgesagt wird, ist das nicht, auch wenn sie kein Blatt vor den Mund nehmen, sondern sehr traurig, und so traurig singen sie es auch.

Ebenso traurig ist auch das Lied „Herzilein“ über die Leiden des letzten Alters und das Dämmern in Pflegeheimen: „Wenn ich gähne, verlier ich immer meine dritten Zähne“, bei dem auch Demenz und Inkontinenz nicht ausgespart werden, Es ist ein Lachen, das im Halse stecken bleibt. Alle Texte haben es in sich, sie sind es wert, dass man sehr genau zuhört. In sanften Harmonien wird der Gegensatz von reich und arm aufs Korn genommen – und die Zäune, die errichtet werden, damit es nur ja so bleib, und die Armen und Flüchtlinge uns nicht so nah kommen, oder, in diesem Fall weniger traurig, sondern mit Genuss, ein Lied über das Mahnmal, das die Künstlergruppe „Zentrum für politische Schönheit“ auf dem Nachbargrundstück zum Haus des AfD-Politikers Björn Höcke errichtet hat als Reaktion auf dessen Aussagen zum Holocaust-Mahnmal. Zum langen Abschied gab’s aber auch ganz unpolitisch Vergnügliches, etwa, wenn der vierjährige Wolfgang dauernd üben muss und dabei die „Kleine Nachtmusik“ herauskommt.