Wie konnte es zu Dobrindt kommen?

Rheinpfalz, Kultur Regional

Die Deutsche Kleinkunstpreisträgerin Simone Solga bei Kabarettissimo im Herrenhof

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Von Regina Wilhelm

Neustadt. Sie hat endgültig die Schnauze voll vom Berliner Politikzirkus. Sie hat gekündigt und bittet in Mußbach um Asyl. Die Rede ist von der bisherigen Kanzlerinnensouffleuse Simone Solga. Am Samstag war die Künstlerin in der Kabarettissimo-Reihe zu Gast im Herrenhof. Unter dem Motto „Das gibt Ärger“ berichtete sie gut zweieinhalb Stunden lang, was sie von der Groko, von Frau Dr. Merkel, aber auch von der uns alle bestimmenden politischen Korrektheit hält.

Große Taschen und Tüten schleppt Solga auf die Bühne. Das sei alles, was sie habe mitnehmen können. Über die Balkanroute, Kreuz Mutterstadt, vorbei an Haßloch, sei sie schließlich in Mußbach gelandet. Und warum hat sie sich – ausgestattet mit einem Lunchpaket von Altmaier – in einer Regierungslimousine auf die Flucht begeben? Weil es sei einfach nicht mehr zu ertragen war, das Grauen, die Hoffnungslosigkeit, die verzweifelten Gesichter allenthalben. Solga spricht da natürlich vom Kanzleramt, „der einzigen geschlossenen Anstalt, in die Irre hinein statt heraus wollen“.Die gerade mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnete Sächsin versteht ihr Metier. Messerscharf und pointiert analysiert sie die politische Kaste. Fast verlacht sie sich selbst, als sie von der SPD erzählt, die „ihr Profil sucht“. Wen die wohl als nächsten Kanzlerkandidaten ausgucken? „Es muss jemand sein, dessen Nachnamen mit Sch beginn.“ Könne nur Scholz sein, denn die Vorsitzende heiße ja nun mal nicht Schahles. Überhaupt scheint der Kabarettistin die SPD-Frau nicht zu liegen – „die Stradivari unter den Arschgeigen“. Wie eine rote Domina habe sie mit ihren Zetteln auf den Tisch gehauen. Solga: „Kein Wunder, dass Männer früher sterben, die wollen endlich ihre Ruhe haben vor solchen Frauen.“

Die Kanzlerin kriegt gleichermaßen ihr Fett weg. „Die haben wir jetzt nochmals vier Jahre, insgesamt also 16, das ist länger als lebenslänglich“, beklagt Solga. Und in zehn Jahren sei Merkel sogar erst so alt wie „Adenauer, als er Kanzler wurde …“. Der Satz bleibt unvollständig und ahnungsvoll in der Luft hängen. Weiter springt die Künstlerin vom neuen Innenminister Horst Seehofer, der „es schon wieder mit dem Islam hat“. Sie kennt auch den Grund: „In dem weiß-blauen Schurkenstaat sind dieses Jahr Wahlen“. Und mit Bayern assoziiert sie direkt den CSU-Landesgruppenchef und bisherigen Verkehrsminister Alexander Dobrindt. „Wann hat Gott den eigentlich erschaffen? Mit Absicht oder im Sekundenschlaf?“

Herrlich spritzig sind Solgas Analysen, pfiffig ihre Pointen, die sie schier ohne Luft zu holen aufs Publikum niederprasseln lässt. Gekonnt setzt sie auch kleine Spitzen gegen die Besucher, die sich zumindest anfänglich mit Applaus und Feedback schwertun. Aber es ist nicht nur die Politik, mit der die Kabarettistin harsch ins Gericht geht. Die asozialen Medien, in denen nur polarisiert wird, sind ihr ebenso ein Dorn im Auge wie die Coaching-, Therapie- und Pädagogik-Manie. Auch das absurde „Durchgendern“, vegane Kost auf dem Grill und die Tendenz, alles schönzureden, ja zu lügen, sind für sie unerträglich.

Nein, Solga nimmt kein Blatt vor den Mund, ob’s gefällt oder nicht. Doch die Botschaften der Künstlerin kommen prima an. Das Publikum, das den Festsaal bis auf den letzten Platz füllte, spendete so am Ende doch noch kräftigen Applaus.

Foto: mehn