Von Ute Gerst
Neustadt-Mussbach. Kein Platz war mehr frei im Festsaal des Mußbacher Herrenhofs, als am Samstagabend Fabian Schläper mit seinem Programm „Das Große Glotzen“ als Gast der Kleinkunstreihe „Kabarettissimo“ auftrat. Mit „Lieder, Süßholz, Kabarett“ war der Abend angekündigt worden, doch, um es gleich vorweg zu nehmen, man hätte sich den mehrfach preisgekrönten Chansonkabarettisten bissiger, (gesellschafts-) kritischer, einfach witziger eben vorstellen können.
Zumindest der erste Teil des Abends war doch sehr bemüht: Schläper, unbekannt aus Funk und Fernsehen, will getreu dem Motto „Ich bin ein Star, holt mich hier rein!“ auf Sendung, verfügt er doch über Sendungsbewusstsein. Er habe zu viel ruhige Minuten und könne gerne eine davon abgeben. Ein kleines bisschen zu platt, hie und da eine kleine Stichelei, die man hätte vertiefen können. Einfach etwas mehr Akrobatik – im Wortwitz! Der Boshaftigkeiten einfach zu wenig, dafür aber manches Mal unter die Gürtellinie gegriffen.Im Wesentlichen ging es um Kritik am Fernsehen, und da wurde wenig ausgelassen. Iris Kuhn, fingerfertig am Klavier, spielte Erkennungsmelodien, auf die Schläper dergestalt einging, dass er einen thematischen Bogen in die heutige Zeit schlug: Prinzessin hatte er als kleines Kind sein wollen, nein, nicht Prinz, und trällerte ein Liedchen über das Aschenputtel von heute. Seine Leidenschaft sind ja Tierfilme, die sind so schön harmlos, anders als der „Mutantenstadl“ oder „Die Blindenstraße“, kurz angespielte Sequenzen, die wohl auf die täglichen Soaps hinweisen sollen.
Er habe sich erlaubt, das Testbild als modisches Accessoire in Form seines Anzugs mitzubringen: „Sie erinnern sich an das Samstagabend-Ritual im Bademantel vor ,Wetten dass?’ Nur Iris setzte sich in rosa Kleidchen und Lackschuhen vor die Glotze, weil ,wenn ich die sehe, können die mich vielleicht auch sehen!’“ Wer weiß? Danach wurden die Kinder ins Bett geschickt, wohingegen die Eltern ausharrten, bis die Nationalhymne das Ende des Fernsehabends einläutete. „Das war doch was Genaues, man wusste, eine ganze Nation geht jetzt schlafen!“ Der Küchentisch als Nabel der Welt, ein zartes und ernst gemeintes Lied darüber, dass man sich dort zuhause fühlt, wo man im Dunkeln durchs Zimmer gehen kann, ohne sich zu stoßen. Wenigstens eine eigene Kochshow hätte Schläper zu gerne, kocht er doch – vor Wut – bei all dem „Gelafer und Gelichter, Geschuhbeck und Gemälzer.“
Nach der Pause dann unterhaltsamer, gehaltvoller: Ein kurze Abfrage auf Werbebotschaften hin, die das Publikum mit Bravour bestand. Und dann schmolz es doch dahin wie die Yogurette auf der Zunge: „Du willst es doch auch!“ Nicht wegzappen! Nein, jetzt kommt doch noch die Helene Fischer in gelben Highheels Größe 43. Nun setzte Schläper sie auch ein, seine volle Stimme in Form von Barmusik, Jazz, Chanson, Arie und Rock-Reibeisen. Als homme fatal servierte der bekennende Homosexuelle den Wahnsinn des Fernsehalltags, es heiße schließlich nicht umsonst „Flach“-Bildschirm. Das war bissig-raffinierter als im ersten Teil, was das Publikum mit reichlich Beifall honorierte. Iris Kuhn überzeugte als versierte Pianistin, allerdings muss sie an ihrer Rolle als Assistentin und Akteurin an Bühnenpräsenz, die gerne komisch rüberkommen darf, noch arbeiten. Denn eigentlich kann sie mehr, als nur die Tastenmieze mit den Samtpfötchen zu sein.