Von Gisela Stieve
Neustadt-Mussbach. Beste Unterhaltung bot Michael Krebs am Samstagabend bei „Kabarettissimo“ im Herrenhof mit seinem „Jubiläumsprogramm“. Das knapp dreistündigen Programm fesselte die Gäste bis zur letzten Minute. „Als ich den Flügel gesehen und vor dem Konzert gespielt hatte, habe ich mich schon riesig auf den Auftritt gefreut“, sagt er später. So ein tolles Instrument „beflügle“ einfach.
„Eigentlich sollte ich jetzt Urlaub machen. Der Saisonstart hier in Mußbach war so grandios, dass ich bei den nächsten 90 Shows in diesem Jahr kaum noch Steigerungen erwarten kann“, schmeichelte der rotblonde 30-Jährige seinem Publikum. Der studierte Musikus in Jeans und einem T-Shirt mit der Aufschrift „An mir liegt’s nicht!“ hat Ideen und Spaß ohne Ende. Schon zu Hause habe er gelernt, dass man sich nicht so wichtig nehmen solle, erklärt er nach dem Konzert beim Signieren der CDs.Sein Traumberuf sei Hotelbarpianist gewesen. „Die brauchen nicht früh aufzustehen“ und lernen manche „Business-Schnitte“ kennen. Er träume davon, wie eine solche im gut sitzenden Kostüm auf Highheels auf ihn zukomme und ihm nach Kultur lechzend den Zimmerschlüssel auf den Flügel lege. Die Schöne sagt lächelnd mit einem tiefen Blick in seine Augen: „Geht das auch leiser?“. Dahin ist der Traum …
Ebenso habe ein kleiner „Swarovski-Weihnachtsbaum“ fortgeschrittenen Alters ihm erklärt, dass der Pianist in den „Vier Jahreszeiten“, wo sie gewöhnlich wohne, niemals störe. Dann sei Krebs in das Hamburger Nobel-Hotel gegangen, habe für 18 Euro einen frisch gepressten Orangensaft getrunken und das Geheimnis der Hotelbarmusik erforscht. „Erstens musst Du diverse Arpeggien einbauen. Das sind Akkorde, die nacheinander in Einzeltönen gespielt und gern bis zum Ende der Tastatur perlend aufwärts gespielt werden. Und zweitens das Rubato. Du musst so spielen, dass kein Rhythmus mehr zu erkennen ist“, erklärt er. Der nächste Ton lasse auf sich warten. „Das ist wie beim Sex, wenn du denkst ,jetzt noch net!’, macht er für Nicht-Musiker deutlich. Er habe das total verinnerlicht und auf diese Weise sechs Jahre lang seine Studien finanziert.
In der Pause konnten die Besucher Wünsche aufschreiben. Ein Besucher wünschte sich einen „postfaktischen“ Text, um das Wort des Jahres 2016 von Krebs interpretiert zu wissen. In der Liebe sei schließlich alles postfaktisch, außer Leid und Kummer, meint Krebs. Das ewige Thema Liebe und Sex hat Krebs zum Teil deftig, aber nicht zotig formuliert. Seine Texte legen dem Zuhörer zum Schluss einen Reim auf die Zunge, den Krebs sich auszusprechen verbietet. Ein Genuss, wie er damit spitzbübisch seine Fans in die Falle lockt.
Sein Lieblingsthema „Wacken open air“ findet auch Erwähnung. Nur wer wirklich da gewesen sei, könne sich an nichts mehr erinnern, sagt er. Und wegen der übermäßigen Beschallung müsse man auf Zeichensprache ausweichen und zeigt die „Pommesgabel des Teufels“. Dann warnt Krebs vor dem „Flüsterfuchs“. Der werde in Kindergärten und Grundschulen als Zeichen genutzt, um die Kinder zur Ruhe zu ermahnen. „Man stelle sich vor, was da für eine Generation heranwächst“, so Krebs, „das wäre das Ende von Waaaackennnn!“.
Ideen und Spontaneität gehen mit Michael Krebs gern mal durch. Über einen zufälligen Versprecher, dass ein Tipp von ihm „gratenlos“ zu haben sei, hätte er sich fast kaputtlachen können. Ob man daraus nicht eine eigene Kunstform machen könnte? Zwei Worte zusammenzuziehen – hier gratis und kostenlos. „Gratenlos“ war jedenfalls der Tipp für eine Formulierung, mit der man Gespräche in eine Endlosschleife führen kann: „Das wird man ja noch sagen dürfen.“