Texten ohne Punkt und Komma

Rheinpfalz, Kultur Regional

Kabarettistin Simone Solga mit einem Programm mit Höhen und Tiefen im Mußbacher Herrenhof

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Gerhard Schröder hat im vergangenen Jahr mit seiner Neuwahl-Ankündigung die Pläne von so manchem durcheinander gebracht – offensichtlich auch die der Kabarettistin Simone Solga, die am Samstagabend in der Reihe „Kabarettissimo“ im Mußbacher Herrenhof gastierte. „Kanzler/in-Souffleuse“ heißt ihr Programm, mit dem sie kurz vor der Bundestagswahl auf die Bühne ging, und das merkt man ihm auch an.

Denn ziemlich oft beschäftigt sich Solga mit der alten Regierung und ihren Mitgliedern, während sie sich bei der jetzigen Bundesregierung vor allem auf die Personen beschränkt, die auch schon vor der Wahl dabei waren. Das verleiht dem Kabarettprogramm zwar einen nostalgischen Touch, aber nicht unbedingt Aktualität.

„Hat die eine Gosch!“, mit diesem Ausdruck, der in der Pfalz Anerkennung ausdrückt, kommentierte mancher Besucher im voll besetzten Festsaal des Herrenhofs den Auftritt der Kabarettistin. Ihre bemerkenswerte Sprachgewalt gehört zweifellos zu den Stärken von Solga, die früher im Ensemble der „Leipziger Pfeffermühle“ und der Münchner „Lach- und Schießgesellschaft“ war. Wie ein Maschinengewehr und ohne Punkt und Komma schmettert sie ihre Texte ins Publikum und wechselt dabei in rasantem Tempo zwischen Themen, Personen und Szenen.

Eben sitzt sie noch als beschäftigungslose Kanzlerinnensouffleuse in der Kantine des Bundestags, da ist sie schon die Kantinen-Putzfrau, dann verhökert sie Teekannen, schreibt Beipackzettel für chinesischen Heiltee, um genauso schnell wieder zur Souffleuse zu mutieren. Solga gelingt dabei das bemerkenswerte Kunststück, dass das Publikum unterwegs nicht auf der Strecke bleibt, sondern beim Tempo mithalten kann.

Weniger gut gelingt es ihr, die Qualität des Programms über die volle Laufzeit aufrecht zu erhalten. Zu Beginn des Abends präsentiert sie sich in der Rolle eines Art Bauchkastens in Sachen Unterhaltung, die je nach Bedarf, mit einem Lyrikabend, einem bunten Abend oder eben auch Kabarett aufwarten kann. Doch leider hat das Programm auch im wirklichen Bühnenleben etwas von dieser allzu bunten Mischung. Da wechselt billiger Klamauk auf Alleinunterhalterniveau mit bestem politischen Kabarett, da agiert Solga absolut treffend und unnachahmlich gut als Wachmann im Bundestag, der eine Stasi-Vergangenheit und einen Schäferhund namens Rommel hat, um sich dann gleich darauf mit billigen Gags auf Kosten einiger Zuschauer in Szene zu setzen.

Dabei hätte Solga so etwas gar nicht nötig, denn immer wieder zeigt sich, dass sie eigentlich eine wirklich gute Kabarettistin ist. Und das nicht nur, wenn es um rein politische Themen geht, auch wenn sie in ihren verschiedenen Rollen andere Aspekte des Lebens beleuchtet, ist sie meistens witzig, unterhaltsam und treffend, dazwischen aber eben immer mal wieder schlicht und einfach daneben. Zu ihren Stärken zählt zweifellos ihre Fähigkeit, die verschiedensten Dialekte, Akzente und sonstigen sprachlichen Besonderheiten absolut treffend zu imitieren, sei es der „S-Fehler“ zahlreicher führender CDU-Politiker, einschließlich der Kanzlerin, sei es Sächsisch, Bayerisch oder was es sonst noch so an Dialekten gibt.

Weniger gelungen sind die zum Programm gehörenden Lieder. Zwar hat Simone Solga eine schöne Stimme, doch die Texte sind reichlich fade und ihre Choreographie erinnert an das Fernsehballett vor etwa 30 Jahren. Im Herrenhof kam zudem noch nachteilig dazu, dass es bei den Gesangsparts mit der technischen Abstimmung haperte, so dass die Liedtexte oft nur schwer zu verstehen waren.

Herrlich dagegen die meist ebenso treffenden, wie kurzen Charakterisierungen von Personen, seien es Politiker oder andere Menschen, wie Sabine Christiansen mit „ihrem absolut wichtig-wichtig Gesicht“. Alles in allem bot Simone Solga also trotz aller Schwächen einen gelungenen Kabarettabend, und der Beifall des Publikums war durchaus verdient.

Von unserer Mitarbeiterin Annegret Ries