Zyankali auf den Hackschnittchen

Rheinpfalz, Kultur Regional

„Änfach saugudd“: Detlev Schönauer, Bistro-Wirt Jacques aus Saarbrücken, begeistert im Herrenhof mit kriminalistischem Kabarett

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Er „is, uff de Punkt gebrung, änfach saugudd“. Für alle, die des Saarländischen nicht mächtig sind: Detlev Schönauer ist wirklich exzellent. Am Freitag und Samstag zeigte er als französelnder Wirt Jacques, der „in die Saarbrück eine Bistro“ betreibt, auf der Bühne im Mußbacher Herrenhof abermals sein Können. Den Leuten gefiel“s, obwohl „Jacques“ den Pfälzern im Publikum gar manches Spiegelchen vorhielt.

Wer aus dem Titel „Killen ist menschlich! – Mord in Jacques“ Bistro“ geschlossen hatte, dass Schönauer das Genre wechselt, sah sich dabei getäuscht. Natürlich ist der Kabarettist seinem Metier treu geblieben. Neu allerdings ist, dass er seine Philosophie, seine Erkenntnisse über die Bewohner mancher Landstriche oder seine musikalischen Einlagen nun in eine Rahmenhandlung eingebunden hat. Wie in einem „Krimi“ üblich, geschieht ein Mord, vielmehr ein Doppelmord, wie sich später herausstellt. Da es sich um ein interaktives Stück handelt, ist das Publikum eingeladen, den Mörder zu erraten. Und siehe da, eine große Mehrheit hat die verzwickte Lage durchschaut und das „Zenzerl“ entlarvt. Doch mehr sei hier nicht verraten, denn es empfiehlt sich, Schönauer in dieser Paraderolle einmal selbst zu erleben.

Ergiebig nutzt der Kabarettist, der wohl in Saarbrücken wohnt, aber eigentlich aus Mainz stammt, sein Talent, Dialekte nachzuahmen. Problemlos schlüpft er an diesem Abend in sechs Rollen – abgesehen von der des Bistro-Wirts: Da sind Paule, der Arzt aus Sachsen, Dieter, der schwule Künstler aus Hessen, Jupp, der Chemie-Lehrer aus dem Saarland, Jürgen, der Beerdigungsunternehmer aus dem „Rührpott“, Zenzerl, die Hausfrau aus Bayern, und Pastor Engelbrecht aus der Pfalz, präziser aus Bööhl-Iggelhoim. In atemberaubender Geschwindigkeit, nach außen lediglich erkenntlich an verschiedenen Kopfbedeckungen und Brillen, wechselt er von einem Dialekt in den anderen, um darüber hinaus gekonnt die Eigenheiten der Figuren mitsamt den Klischees, die mit ihrer Heimat verbunden sind, zu transportieren.

Bevor es zu dieser Szene, ein Höhepunkt des Abends kommt, erklärt Jacques kurz die Vorgeschichte: „“s Lisbeth, die maman von die Tanja aus dem Hochwald, wo nur Bantu gesprochd wird, is geschdorbd“. Nach dem Requiem, das er mit untermalten Kirchenliedern darstellt, und der eigentlichen Beerdigung sitzen die Verwandten und der Pastor beim „Leiche-Imbis“ im Bistro. Und plötzlich fällt auch der Pastor tot vom Stuhl. Das Zyankali war dem Maggi auf den Hackschnittchen, einem Lieblingsgericht der Saarländer, beigemischt.

Die Geschichte entwickelt sich wie bei einem Krimi „in die television“ immer weiter. Anlass genug, die Fernsehkommissare einmal näher zu beleuchten: den frankophilen Palü aus Saarbrücken, die lesbische Lena Odenthal aus Ludwigshafen. Und zwischendrin noch kurz ein kleines Krimi-Musik-Ratespiel. Behänd und anscheinend zufällig greift Schönauer einen seiner vielen Fäden, die bereits ausgelegt sind, auf, um ihn einfach weiter zu spinnen. Einmal sind es die Vorteile der Beichte, flugs flicht er noch die moderne „Drive-In-Variante“ ein, dann die Auswüchse der Gesundheitsreform, die er in einer Erlkönig-Adaption rasch verarbeitet – Mayer lebt, doch der Notarzt ist tot -, oder das harte Leben eines Rechtsanwalts, der selbst einem überführten Mörder noch etwas Positives abgewinnen soll. Neben vielen kleineren und größeren Spitzen ist sein Beitrag in der Rolle des Bestatters Jürgen, eine Anlehnung an den verblichenen Jürgen von Manger, ein Höhepunkt. Der „funeral discount“, der den „Happy Grave‘ für zwei Personen gewährt, oder „Online-Beerdigungen“ scheinen in Zeiten von „Geiz ist geil“ gar nicht mal so abwegig …

Am Ende löst Jacques, der auch noch einige passende Weisen zur Bestattung, darunter einen Narhalla-Marsch in Moll für den Karnevalsprinzen, vorträgt, die Mordgeschichte allmählich auf. Das Publikum ist begeistert und trotzt ihm trotz vorgerückter Stunde zwei Zugaben ab: ein eher nachdenkliches Lied über die Kindheit früher und schließlich die zwar bekannte, aber beliebte Liebesszene mit vorgetragenen Satzzeichen. Mit dem typischen saarländischen „Alla g“ Naacht“ fällt der Vorhang nach einer tollen Vorstellung.

Von unserer Mitarbeiterin Regina Wilhelm